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Dieser Blog beleuchtet Schnittstellen der Homöopathie und des ganzheitlichen Heilens mit der außermedizinischen Welt, mit Spiritualität, Wissenschaft und Politik. Die homöopathische Art, über Probleme, Krisen und Lösungen nachzudenken und nachzufragen, wird über Themen der individuellen Gesundheit hinaus erweitert. Die ganzheitliche Sicht auf Zusammenhänge und die besondere Art, genau hinzuhören, die wir uns in zweihundert Jahren Umgang mit Krisen und Leiden erarbeitet haben, läßt sich auch in kollektiven Zusammenhängen sehr fruchtbar anwenden. Dies möchte ich in einer losen Folge von Artikeln anhand aktueller Themen zeigen.
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Jörg Wichmann, November 2017
Dieser Leserbrief wurde an die taz geschickt, aber nicht gedruckt – wie auch sonst von der taz nichts gedruckt wird, das positiv zur Homöopathie wäre – , weshalb diese Stellungnahme auf anderen Wegen verbreitet wird.
Glaubenskrieg um Zuckerkügelchen?- um was geht es wirklich?
Der Titel des Beitrags ist insofern gut gewählt, als es sich beim Streit um die Homöopathie tatsächlich um den Vorposten eines Glaubenskriegs handelt und nicht um die Frage, ob die Homöopathie wissenschaftlich begründbar ist oder nicht. Wen würde schon die physikalische Plausibilität einer alternativen Heilmethode interessieren? Habt Ihr echt keine anderen Probleme? Doch, es geht nämlich um andere Probleme dabei. Der Homöopathie-Streit ist nur ein Vorposten eines viel größeren Glaubenskrieges, in dem die Homöopathie als leicht lächerlich zu machende Methode vorgeschoben wird.
Worum geht es wirklich und vor welchen Karren lassen sich hier die Jungen Grünen spannen?
Schauen wir uns die Akteure im Hintergrund an und ihre sonstigen Anliegen.
Textvergleiche zeigen schnell, dass die wesentlichen Argumente des Antrages der Jungen Grünen von einer Gruppierung namens INH (Informationsnetzwerk Homöopathie) stammen. Der Initiator des Antrags Demisch weist in seinem Twitter-Account ausdrücklich darauf hin und bedankt sich dafür.
Dieses INH wiederum ist eine der Organisationen einer Weltanschauungsgemeinschaft, die sich – zwar falsch aber wirksam – als „Skeptiker“ bezeichnen. Diese sogenannten „Skeptiker“ treten in zahlreichen Vereinigungen auf, u.a. die Brights, die Giordano-Bruno-Stiftung, die GWUP, die CSI und andere, und vertreten einen sehr radikalen und dogmatisch vorgetragenen Materialismus – also die Auffassung, dass die Welt ausschließlich materieller Natur sei, der Mensch und alle anderen Lebewesen nur sehr komplexe Maschinen.
Dass Menschen mit einem derartigen Weltbild keine großen Fans der Homöopathie sind, liegt auf der Hand. Aber dass sie sich international vernetzen, um so eine verhältnismäßig nebensächliche Methode zu bekämpfen, ist schon erstaunlich. Es geht eben um anderes.
Schauen wir in das Programm ihrer aktuellen Jahrestagung ESC, die kürzlich in Gent, Belgien, stattfand, so können wir dort nachlesen, dass mit den gleichen Argumenten, mit der der Homöopathie die Wissenschaftlichkeit abgesprochen werden soll, versucht wird, die Atomenergie als einzige wissenschaftlich vertretbare und rational begründbare Lösung für die CO2-Frage vorzustellen, Gleiches gilt für die Gentechnik als alleinige Lösung des Welthungerproblems. Diese Positionen laufen dort unter dem Motto „Green Skepticism“ und „Ökomodernismus“, während andere umweltpolitische Positionen als grüne Gefühligkeit (feeling green) und ihre Vertreter als uninformiert diffamiert werden.
Die Welt, die von den Ratgebern und Vordenkern des grünen Anti-Homöopathie-Antrags angestrebt wird, besteht jedoch nicht nur aus Atommeilern und Gentechnik sondern auch aus Menschen, die durch Verschmelzung mit Maschinen und künstlicher Intelligenz sowie genetische Manipulationen „optimiert“ werden. „Transhumanismus“ ist das freundlich klingende Wort für die gruseligen Zukunftsvisionen dieser Weltanschauungsgemeinde. Jeder darf sich ja seine Zukunft wünschen, wie er möchte. Aber ob ausgerechnet die Grünen sich in dieser Gesellschaft von Leuten wohlfühlen, die meinen, der Mensch als solcher habe sich überlebt und müsse jetzt durch Cyborgs (Mensch-Maschinen-Wesen) abgelöst werden?
Nein, es geht nicht um die Homöopathie sondern darum, was für eine Zukunft wir uns wünschen und vorstellen. Ja, da ist ein Glaubenskrieg im Gange, aber nicht um Zuckerkugeln, sondern um die Frage, ob wir eine Medizin wollen, die den Menschen als zu reparierende Maschine betrachtet oder eine integrative, weltoffene und weltanschaulich pluralistische Medizin, in der viele Ansätze Platz haben und die uns mündigen Bürgerinnen und Bürgern die Wahl überlässt, wie wir gern leben und gesund werden wollen.
Hier, liebe Grüne, müsst Ihr Euch positionieren und Euren Wählern sagen, für welch eine Welt Ihr die politischen Rahmenbedingungen schaffen wollt – einen radikalen Materialismus oder einen weltoffenen, ökologischen Pluralismus.
Jörg Wichmann
Anhang, um den sachlichen Hintergrund zu verdeutlichen und zu belegen.
Es geht um eine Auseinandersetzung zwischen zwei weltanschaulichen Grundpositionen:
Es liegt nicht im Aufgabenbereich oder in der Möglichkeit von Wissenschaften, zwischen solchen Grundpositionen zu unterscheiden, da diese paradigmatischer oder axiomatischer Natur und somit allen wissenschaftlichen Einzelaussagen vorgelagert sind.
Um den Hintergrund der Debatte besser zu verstehen, hier einige Aussagen zu Sache:
(Belege angehängt, um die Argumentation nicht unübersichtlich zu machen)
Ein näherer Blick auf die Sachlage zeigt also, dass es hier nicht um Wissenschaft als solche geht sondern um unterschiedliche Weltanschauungen und verschiedene Deutungen von wissenschaftlichen Ergebnissen.
Die Position der Jungen Grünen zur Homöopathie stellt sich hier in einen weltanschaulichen Kontext, der einigen Grundpositionen nicht nur der Grünen, sondern auch der Mehrheit der deutschen Bevölkerung stark widerspricht.
Nach dem Grundgesetz ist es nicht Sache des Staates, im Widerstreit verschiedener Weltanschauungen eine Seite einzunehmen oder zu bevorteilen. Hingegen sollte ein demokratischer Staat zum Einen für unparteiische Aufklärung über die Sachlage sorgen und zum Anderen die Meinung und den Willen der Bevölkerungsmehrheit respektieren, die sich nach allen bisherigen Umfragen eindeutig für eine freie Wahl der medizinischen Therapiemethode, ausdrücklich auch Naturheilverfahren und Homöopathie, ausgesprochen hat.
Belege:
zu 1) Dies lässt sich durch Recherche zB auf der Seite des HRI (Homeopathic Research Institute) https://www.hri-research.org/ klären. Und Fragen zur aktuellen Forschungslage beantwortet die Seite der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Homöopathie WissHom. Der Australische Bericht zur Homöopathie des NHMRC von 2015, der von Gegner stets gern zitiert wird, hat sich gerade als ein erzwungenes Remake zu einem offenbar zu positiven Bericht von 2012 herausgestellt, den das NHMRC in der Schublade hatte verschwinden lassen und trotz anfänglichem Leugnen seiner Existenz letztlich auf gerichtliche Anordnung herausrücken musste. Dieser erste Bericht, der von „encouraging evidence for the effectiveness of homeopathy” spricht, wurde durch einen ersetzt, der von einem erklärten Homöopathie-Gegner verfasst wurde und nur 5 (fünf) von 176 vorliegenden Studien bewertet hat. Näheres dazu hier:
zu 2) siehe zB: https://www.homoeopathie-online.info/schweiz-homoeopathie-ist-wirksam-zweckmaessig-und-wirtschaftlich/
zu 3) s. Twitter-Account von Tim Demisch vom 5.9.19
Die Ähnlichkeit der Argumentationsstruktur ergibt sich leicht durch Textvergleiche von Veröffentlichungen des INH und des genannten Antrags und wird sicherlich auch nicht bestritten, zumal Demisch selbst auf Twitter darauf hinweist.
zu 4) Das weltanschauliche und mediale Umfeld der sogenannten „Skeptiker“gruppierungen lässt sich leicht online recherchieren. Hierher gehören u.a. die Gruppierungen der Brights, die GWUP, die Giordano-Bruno-Stiftung, das INH, die Websites RationalWiki.org unddas illegale Psiram.org.
zu 5) siehe Programm des European Skeptics Congress 2019 – Ghent — “The Joy of Skepticism”:
https://www.esc2019.be/program zum Thema „Green Skepticism“.
zu 6) s. zB. https://www.giordano-bruno-stiftung.de/beirat/vowinkel-bernd über Bernd Vowinkel, Beiratsmitglied und führende Persönlichkeit in der GBS, zugleich Gründer der Transhumanen Partei Deutschlands. Die GBS ist mit der GWUP personal verbunden, zB durch die prominente Homöopathie-Kritikerin Natalie Grams, die im Beirat der GBS ist, Kommunikationsmanagerin in der GWUP und Leiterin des INH.
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